Existenz von mittelständischen Omnibusunternehmen gefährdet

NWO: Neue Regelung von anzuwendenden Tarifverträgen bedroht 10.000 Arbeitsplätze
Askin Bulut

Wie der Verband Nordrhein-Westfälischer Omnibusunternehmen (NWO) mitteilte, bedroht die neue Regelung von anzuwendenden Tarifverträgen im ÖPNV in Nordrhein-Westfalen, die aktuell von der Landesregierung vorbereitet wird, mehr als 400 mittelständische private Busunternehmen in ihrer Existenz. Damit verbunden seien 10.000 Arbeitsplätze. In Kürze trifft das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales die Entscheidung darüber, ob entgegen allen rechtlichen Bedenken nur der ver.di-Tarifvertrag oder im Sinne der mittelständischen Wirtschaft auch der NWO-Tarifvertrag für repräsentativ eingestuft wird.

Die Fakten: Das Tariftreue- und Vergabegesetz NRW ist zum 1.5.2012 in Kraft getreten. Für den Öffentlichen Personennahverkehr ist eine Sonderregelung vorgesehen: Es gilt hier nicht der gesetzliche Mindestlohn von 8,62 Euro, vielmehr sind in diesem Bereich repräsentative Tarifverträge anzuwenden. Für den straßengebundenen ÖPNV gibt es derzeit zwei bedeutende Tarifverträge: den Spartentarifvertag für die kommunalen Verkehrsbetriebe und den NWO-Tarifvertrag für das private Omnibusgewerbe. Letzterer liegt derzeit bei 11,65 Euro (Lohngruppe 3). Der beratende Ausschuss zur Feststellung der Repräsentativität von Tarifverträgen konnte sich nicht auf eine Empfehlung einigen. Die Gewerkschaftsseite, insbesondere ver.di, lehnte den NWO-Tarifvertrag ab. Dagegen sprachen sich die Arbeitgeber – auch der kommunale Arbeitgeberverband NRW – geschlossen dafür aus, dass beide Tarifverträge für repräsentativ erklärt werden.

Die Hintergründe: Dennoch setze ver.di nach Angaben von NWO alles in Bewegung, um nur den eigenen Spartentarif für die kommunalen Verkehrsbetriebe für repräsentativ erklären zu lassen. Damit wolle ver.di, so der NWO, ganz offensichtlich erreichen, dass das private Omnibusgewerbe sich nicht mehr im ÖPNV betätigt. „Dabei hat sich im Bereich des ÖPNV in NRW über Jahrzehnte eine gute Kooperation entwickelt. Die kommunalen Verkehrsunternehmen sind im überwiegenden Besitz der Genehmigungen nach dem PBefG. Für die Erbringung der Fahrleistung werden je nach Unternehmen bis zu 50 Prozent private Omnibusunternehmen als Auftragsunternehmer eingesetzt“, erklärte der Landesverband. Als Argument berufe sich ver.di darauf, dass nur ein Tarifvertrag für repräsentativ erklärt werden könne. Dies widerspreche nach Ansicht von NWO zum einen dem eindeutigen Gesetzestext und der Gesetzesbegründung. Auch das Gutachten des renommierten Rechtsprofessors Stefan Greiner komme zu dem eindeutigen Ergebnis, dass der NWO-Tarifvertrag für repräsentativ erklärt werden müsse. Zudem fordere ver.di für Baden-Württemberg – das ein entsprechendes Tariftreuegesetz wie in NRW erlassen wolle – dass dort zwei Tarifverträge für repräsentativ erklärt werden. „Dies wohl vor dem Hintergrund, dass dort die überwiegende Zahl der Beschäftigten dem Tarifvertrag des privaten Omnibusgewerbes unterliegt und damit der kommunale Tarifvertrag herausfallen würde“, erklärte der NWO weiter.

Die Konsequenzen: Die Entscheidung darüber, ob der NWO-Tarifvertrag für repräsentativ erklärt wird, habe laut NWO für das private mittelständische Omnibusgewerbe in NRW eine existentielle Bedeutung. Im ÖPNV sind über 400 mittelständische private Mitgliedsbetriebe tätig. Diese beschäftigen auf der Grundlage des NWO-Tarifvertrages in diesem Segment 10.000 Arbeitnehmer. Sollte der NWO-Tarifvertrag nicht für repräsentativ erklärt werden, so würde dies für die Betriebe bedeuten, dass sie sich nicht mehr um Aufträge im ÖPNV bewerben könnten. Denn eine unterschiedliche Bezahlung auf der Basis des NWO-Tarifvertrages für bestehende Aufträge und auf der Basis des Spartentarifvertrages für neue Aufträge sei betrieblich praktisch unmöglich. Außerdem sei der Spartentarifvertrag auf kommunale Betriebe zugeschnitten und für die privaten mittelständischen Betriebe damit de facto nicht umsetzbar. Die Landesregierung dürfe sich nicht dazu hergeben, einseitige Interessen zu vertreten und ver.di dabei zu helfen, die Existenz des privaten Omnibusgewerbes zu vernichten, betonte der NWO. Die neue Landesregierung habe sich schließlich zum Ziel gesetzt, den Mittelstand zu fördern. Wenn aber privaten mittelständischen Betrieben daran gehindert würden, sich im ÖPNV zu betätigen, werde dieses Ziel der Lächerlichkeit preisgegeben, führte der Landesverband aus.