Busfahrer im Hildesheimer Stadtverkehr bangen um Jobs

ver.di kritisiert erneuten "Angriff durch die Deutsche Bahn".
Anja Kiewitt

Die Beschäftigten der SVHI Stadtverkehr Hildesheim GmbH, ein Tochterunternehmen der Stadtwerke Hildesheim AG, bangen um ihren Arbeitsplatz, weil die Deutsche Bahn AG, Berlin, mit einem Tochterunternehmen ein Minimalangebot für den öffentlichen Nahverkehr unterbreiten und damit das kommunale Unternehmen ausbooten könnte. Das teilt die Ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft in Berlin mit. Die Arbeitnehmervertreter verweisen auf das jüngste Beispiel Pforzheim, wo die Jobs von 250 Mitarbeitern der SVP Stadtverkehr Pforzheim GmbH & Co. KG nach der Neuvergabe des „Linienbündels Stadtverkehr Pforzheim“ an die Bahntochter Südwestbus RVS Regionalbusverkehr Südwest GmbH, Karlsruhe, zum Jahresende auf der Kippe stehen (busplaner berichtete).

SVHI durch Niedrigangebot der Bahn vor dem Aus

Ver.di kritisiert das Vorgehen und fordert die politisch Verantwortlichen zum Handeln auf. Der Stadtverkehr Hildesheim würde, trotz eines qualitativ hochwertigen Angebots, großer Zufriedenheit von Kunden und Investitionen des Aufgabenträgers und langjährigem hohem Einsatz der Beschäftigten vor dem Aus stehen. Ebenfalls betroffen wären auch etwa 45 Beschäftigte der RVHI Regionalverkehr Hildesheim GmbH, die derzeit beim Stadtverkehr eingesetzt werden. Durch ein von der Bahn unterbreitetes Angebot für den öffentlichen Nahverkehr wäre das von der Stadt initiierte Ausschreibungsverfahren hinfällig, sie wäre verpflichtet, das Angebot anzunehmen.

Bahntochter zahlt teils unter Tariflohn

„Die Kommunalpolitik ist dringend aufgefordert, eine Lösung für die über 120 Beschäftigten ihres Unternehmens zu finden“, betont der Geschäftsführer des Ver.di-Bezirks Hannover/Leine-Weser Harald Memenga. Das kommunale Verkehrsunternehmen könne bei diesem Angebot nicht mithalten, weil es den Beschäftigten Tariflöhne zahlt. Bei den Tochterunternehmen der Bahn würden deutlich niedrigere Löhne, teilweise nicht einmal nach Tarif, gezahlt. Zudem sei zu befürchten, dass die Bahn große Teile des Verkehrs an Subunternehmen vergeben wird. „Nicht nur die Arbeitsplätze und die guten Arbeitsbedingungen, auch die Qualität des Nahverkehrs in Hildesheim ist bei dieser Form von Dumpingwettbewerb in Gefahr“, so Memenga weiter.

Eigenwirtschaftliche Anträge hebeln Tariftreue aus

Hintergrund ist, dass eine Kommune durch europäisches Recht zwar die Wahl hat, den Nahverkehr entweder auszuschreiben oder direkt an ein eigenes Unternehmen zu vergeben. Sie kann dazu Vorgaben zur Qualität und zu sozialen Bedingungen für die Beschäftigten machen. Das deutsche Recht räumt Bietern durch eine Regelung im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) jedoch die Möglichkeit ein, sogenannte eigenwirtschaftliche Anträge zu stellen. In diesem Fall müssen sie Beschäftigten keine sozialen Standards wie beispielsweise Tarifverträge bieten. Auch die Tariftreuegesetze der Länder gelten dabei nicht, so Ver.di.

Korrektur im Personenbeförderungsgesetz gefordert

„Damit schränkt der Gesetzgeber die Entscheidungsfreiheit der Kommunen ein und macht es Unternehmen, die tarifgebunden sind und gute Arbeitsbedingungen, von denen auch die Kunden profitieren, unmöglich, am Markt zu bestehen", kritisiert Ver.di- Bundesvorstandsmitglied Christine Behle das bundesweite Vorgehen der Bahn. „Dass sich nun auch noch ein Staatskonzern daran beteiligt, kommunale Verkehrsunternehmen zu vernichten, ist ein Skandal", betont die Gewerkschafterin. Die Bundesregierung müsse dringend eine Korrektur im PBefG vornehmen, fordert sie.