Hessischer Irrweg

Studie belegt Mittelstandsfeindlichkeit des ÖPNV-Modells
Redaktion (allg.)
Im Dezember 2009 tritt die EU-Verordnung 1370/2007 in Kraft, die unmittelbar deutsches Recht ist und die Finanzierung von Verkehrsleistungen aus öffentlichen Kassen im Nahverkehr regelt. Die für den Nahverkehr verantwortlichen Bundesländer suchen daher nach neuen Lösungen zur Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und dabei geht der Blick auch immer wieder nach Hessen. Hier wurde die Verantwortung für Planung, Gestaltung und Finanzierung des ÖPNV weitgehend von den Unternehmen auf die öffentliche Hand verlagert und Fahrleistungen seit 2003 per Ausschreibung vergeben. Jetzt liegt eine umfassende Stduie zum hessischen Modell vor, bei der vor allem untersucht wurde, ob die von der landesregierung anvisierten Ziele erreicht wurden. Auftraggeber der vom ANWI-Institut (Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung und Regionalanalyse) der Fachhochschule Emden erstellten Studie waren der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) und die DB Stadtverkehr GmbH. Zentrales Ergebnis der Studie ist, dass die von der Landesregierung formulierten Ziele der Neuorganisation des ÖPNV in Hessen nicht erreicht wurden, ganz im Gegenteil konnte von einer nachhaltigen Senkung des finanziellen Aufwandes für den ÖPNV bei einer ganzheitlichen Betrachtung keine Rede sein. Eine Marktöffnung erfolgte nur für wenige ausländische Großkonzerne. Dem stehen zahlreiche Marktaustritte lokal verwurzelter Mittelständler gegenüber. Ebenso erfolgte keine Zunahme der Verkehrsnachfrage im Busverkehr. Das private Verkehrsgewerbe wurde nicht gestärkt – entgegen der Ankündigung der Hessischen Landesregierung: Der Mittelstand hat rund ein Drittel seiner Leistungen verloren. Einige der zentralen Ergebnise der Stduie: - Die Anzahl der mittelständischen Unternehmen im Ausschreibungswettbewerb hat sich mehr als halbiert. - Der Marktanteil internationaler Verkehrskonzerne (ohne DB Bahn Stadtverkehr) stieg in diesen Jahren auf über 30 Prozent, im Gebiet des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV) sogar auf fast 40 Prozent. - Kommunale Unternehmen bleiben durch Inhouse-Vergaben klarer und privilegierter Marktführer. - Verluste im Ausschreibungsmarkt haben öffentliche Unternehmen vollständig durch Kündigung von Subunternehmerleistungen aufgefangen. - Das Leistungsvolumen mittelständischer Unternehmen im Subunternehmermarkt ist um zwei Drittel (zwölf Millionen Wagenkilometer) eingebrochen, wodurch rund 20 Prozent der kleineren, mittelständischen Unternehmen aus dem Markt gedrängt wurden. - Durch den Systemwechsel von eigen- zu gemeinwirtschaftlichen Verkehren sind vor allem für die Aufgabenträger im ländlichen Raum erhebliche neue Finanzierungsrisiken entstanden, die von den Kommunen durch erhöhte Umlagen aufzufangen sind. - Ein zunehmender Kostenblock sind die Regiekosten. Sie dürften zwischen 5 und 20 Prozent des ÖPNV-Budgets ausmachen und sind durch Verlagerungen von Leistungen zu den Aufgabenträgern erheblich gestiegen.