ÖPNV: Entscheidung in Pforzheim vertagt

Regierungspräsidium Karlsruhe wählt bis Februar zwischen RVS und Pebus.
Anja Kiewitt

Die Bahntochter RVS Regionalbusverkehr Südwest GmbH, Karlsruhe, oder das Pforzheimer Bieterkonsortium Pebus GmbH: Wer der beiden Wettbewerber von 2016 bis 2026 das „Linienbündel Stadtverkehr Pforzheim“ betreibt, bleibt noch bis 3. Februar 2016 offen. Im August hatte die Stadt Pforzheim beim Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe einen Antrag auf eigenwirtschaftlichen Stadtbusverkehr gestellt. Denn der Verkehrsvertrag der Stadt mit der SVP Stadtverkehr Pforzheim GmbH & Co. KG läuft Ende 2016 aus.

Einwände von Unternehmen, Verbänden und Gemeinden

Innerhalb von drei Monaten ab Antragseingang, also bis Anfang November, ist das RP eigentlich gesetzlich verpflichtet, eine Entscheidung zu treffen. Ende Oktober verlängerte die Karlsruher Mittelbehörde aber nach eigenen Angaben die Frist um bis zu drei weitere Monate, um die im Rahmen des Anhörungsverfahrens von Unternehmen, Verbänden und Gemeinden eingegangenen Einwendungen zu überprüfen. Das RP begründet das Vorgehen damit, dass die Unterlagen sehr umfangreich und Stellungnahmen teilweise erst kurzfristig eingegangen seien.

Neue Chance für Pebus

Das spielt Pebus in die Hände, denn bislang hatte RVS im Wettbewerb um den Zuschlag die Nase vorn: Denn während die Bahntochter ihren Antrag auf eigenwirtschaftlichen Betrieb fristgerecht innerhalb von drei Monaten nach der Vorabbekanntmachung durch die Stadt Pforzheim eingereicht hatte, hatte die eilig gegründete Pebus GmbH, eine Initiative aus neun ortsansässigen Mittelständlern, ihren Gegenantrag erst nach Ablauf der dreimonatigen Antragsfrist gestellt. Pebus befürchtet eine existenzgefährdende Monopolstellung der RVS: Sollte die Bahntochter den Zuschlag erhalten, hätte sie den Mittelständlern zufolge 80 Prozent des öffentlichen Nahverkehrs in der Region in ihrer Hand.

Verlängerung soll Genehmigungsfiktion vermeiden

Ohne die jetzt erfolgte Verlängerung der Frist wäre nach dem Personenbeförderungsgesetz eine so genannte „Genehmigungsfiktion“ eingetreten, teilt das RP mit. Damit wäre die RVS sozusagen automatisch durch Zeitablauf der Dreimonatsfrist zum Zuge gekommen, erläutert die Behörde.

Rechtlicher Hintergrund

Nach Angaben der Stadt Pforzheim haben eigenwirtschaftliche Genehmigungsanträge rechtlich gesehen Vorrang vor jedem von der Stadt organisierten Verkehr. Eigenwirtschaftliche Verkehre finanzieren sich demnach – ohne Zuschüsse der Stadt - im Wesentlichen aus den Fahrgeldeinnahmen und den staatlichen Erstattungen für die Beförderung von Schülern und Schwerbehinderten.

Vorgeschichte: Das Pforzheimer Modell

Wie busplaner berichtete, verkaufte die Stadt Pforzheim bereits 2006 die bis dato städtischen Verkehrsbetriebe mehrheitlich an einen Akteur aus der Privatwirtschaft: die Berliner Transdev GmbH, damals noch Connex Verkehr GmbH und später Veolia Verkehr GmbH. Schon damals werteten Experten das "Pforzheimer Modell" als einen schweren Schlag gegen den regionalen Mittelstand.

 

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